MICHAEL HORSKY
KREUZIGUNG

April – Juni 2006

Michael Horsky hat das großformatige Bild für den Altar der ersten Kapelle rechts, ursprünglich die Kapelle der Theologischen Fakultät, gemalt. Es wurde vor das barocke Kreuzigungsbild gehängt. Erster Anhaltspunkt für die Gestaltung der neuen Kreuzigung war die vermutlich älteste bekannte Kreuzigungsdarstellung. Sie zeigt einen Gekreuzigten mit Eselskopf und wird daher normalerweise als „Spottkreuz“ bezeichnet. Doch auch andere Leseweisen sind möglich. Der Esel ist das Tier des Messias und verweist als Tier des Friedens, der schweren Mühe und des Dienstes auf die Gestalt Jesu Christi. Als sinnliches Wesen, der Esel war das Reittier des Dionysos, verweist er auf die Menschwerdung.

Deutlich ist das Kreuz zu erkennen, ein Tau-Kreuz aus schlanken Stäben. Oben und Unten sind geschieden. Oben die Beine einer herabstürzenden Figur und die Silhouette eines Eselskopfes. Darunter ein dichtes Gedränge. Der Körper eines Mannes ist dem Kreuz zugeordnet. Links eine schemenhafte Gestalt. Ihr zugewendet ein Kopf, der zu der herabstürzenden Figur gehört. Rechts das Gesicht eines weißbärtigen Alten. Zu Füßen des Kreuzes ein Kauernder. Der Charakter des Zersplitterten, Zersprungenen, Auseinandergerissenen bestimmt das Bild. Zugleich ist alles, Figürliches und Abstraktes, zu einer äußerst dichten Bildgestalt geeint. Wie zusammengeschweißt.

Das Motiv des Herabkommens, der Wendung von oben nach unten, spielt in der Kreuzigung eine bedeutende Rolle. Die Zuwendung Gottes zum Menschen kann als Wendung von oben nach unten gesehen werden. Sie ist in der von oben herabkommenden Figur enthalten. Das Gesicht dieser Figur steht in strengem Gegenüber zu der schemenhaften Gestalt. Der Alte am rechten Bildrand ruft die Erinnerung an den amerikanischen Maler Kitaj wach. Zugleich ist in ihm eine Erinnerung an Gesichter Gottvaters zu finden. Der Kauernde zu Füßen des Kreuzes ist ein Zitat aus Géricaults „Floß der Medusa“. In ihm ist aber auch die Gestalt des Adam zu finden, auf dessen Grab nach der Legende das Kreuz Christi errichtet worden ist.

aus: Gustav Schörghofer SJ, Drei in Blau, 2013

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