Die gezeigten Arbeiten sind zwischen 1989 und 2024 entstanden. Sie geben einen weiten Einblick in das Schaffen von Martina Funder. Ausgebreitet auf dem Boden bilden sie ein buntes Bild. Das kann daran erinnern, dass Martina Funder von der Malerei kommt. Bevor sie in Linz bei Günther Praschak Keramik studierte, hatte sie in Wien an der Akademie der bildenden Künste Malerei studiert.

In der Regel sind die Keramiken von Martina Funder verknüpft mit persönlichen Erinnerungen, mit Erlebtem und Erfahrenem. Diese Erinnerungen sammelt sie auf zahlreichen Reisen, aber auch mitten im Alltag ihres Lebens in Baden bei Wien. Der Umgang mit Ton ist ihr durch die Verwandtschaft mit einer alten Hafner- und Ofensetzerfamilie gewissermaßen in die Wiege gelegt. Das Material Ton ist in den letzten Jahren in Mode gekommen, vielen Künstlerinnen und Künstler haben begonnen, zu kneten, zu modellieren und zu brennen. Martina Funder gehört zu der kleinen Schar derer, die eine profunde Ausbildung genossen haben und über jahrzehntelange Erfahrung verfügen. Sie gestaltet Kachelöfen. Und ihre Skulpturen bilden eine bunte Schar von erstaunlicher Vielfalt in Farbe und Form. Sie sind Spuren eines visuellen Gedächtnisses mit großer Sensibilität für die kleinen Dinge des Alltags.

Martina Funder verwandelt in ihrer Kunst Eindrücke, Beobachtungen und Wahrnehmungen in Gestalten. Manches ist leicht erkennbar, Pflanzen, Körperteile, Baumstümpfe und Astwerk, Blätter. Anderes ist durch die Namen der Objekte erschließbar. Manchmal ist der Ursprung dieser Gestalten im Staunen über die wunderbaren Formen der Natur zu finden, manchmal in einer Kritik am Umgang mit den Gebilden der Natur, mit Bergen und Pflanzen. Alle diese Gebilde sind Ausdruck eines liebevollen Verhältnisses zu der uns Menschen umgebenden Welt. Sie zeigen sehr still und verhalten auch ein feines Mitgefühl mit den Menschen, denen Martina Funder begegnet, wie die Hand und die Füße einer Somalierin. Die Serie der Badener Wadln lässt dagegen deutlich die Spuren eines übertriebenen Sonnenanbetertums erkennen. Immer wieder zeigt sich der feine Humor von Martina Funder, scheint die Glasur zu schmunzeln. Feinfühligkeit und Humor sind beim Betrachten dieser Keramiken notwendig. Sie bilden einen Zugang zur Welt dieser Kunst.

Die Kunst von Martina Funder bietet denen, die sie eingehend betrachten, die Möglichkeit, die Welt mit anderen Augen sehen zu lernen. Nicht das Spektakuläre wird hier gepriesen, nicht die in die Augen fallende Schönheit, sondern das Kleine. Dem Zauber der oft übersehenen Dinge bietet diese Kunst Raum zur Entfaltung. Kleine Samen werden groß, leicht übersehenen Erscheinungen wird Aufmerksamkeit geschenkt. Hier kommt eine Haltung zum Ausdruck, für die unsere Welt nicht ein Reservoir verwertbarer Rohstoffe ist, sondern eine zu pflegende und zu verehrende Quelle von Schönheit. Durch die Kunst von Martina Funder fangen die unscheinbaren Dinge an zu sprechen. Fast scheu lassen sie den Zauber ihrer Gegenwart verspüren. Es ist ein leises Reden – wie der Klang einer fernen, wunderbaren Musik.

Gustav Schörghofer SJ