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Bernhard Fruer
Mann schier
Zu den Arbeiten von Bernhard Fruer
Es ist nicht leicht, einen Zugang zur Kunst von Bernhard Fruer zu finden. Auf den ersten Blick wirkt sie merkwürdig unzugänglich. Damit ist sie aber im weiten Feld der zeitgenössischen Kunst keine Ausnahme. Vieles spricht hier eine scheinbar fremde Sprache. Aber, wie überall, braucht es auch hier ein wenig Geduld und die Bereitschaft, sich auf Fremdes einzulassen. Dann sind erstaunliche Welten zu entdecken.
Bernhard Fruer ist oft auf der Suche nach Anknüpfungspunkten für bildnerisches Gestalten. Er sammelt Worte und Sprüche, Bilder und Gegenstände. „It’s hard to find a hole if there is no hair around“ und „But time is limited and interest as well” sind zwei dieser Sätze, die dann im Computer verarbeitet werden. Eines der Bilder zeigt ein Armband, wie es als Einlass für Konzerte ausgegeben wird. Ein anderer Fund ist jener Mann, der auf dem Boden liegt. Ihn hat Bernhard Fruer im ethnologischen Museum in Mexiko entdeckt, ein Diorama mit der Nachstellung eines präkolumbianischen Bestattungsrituals. Alle diese Funde werden digital bearbeitet und gedruckt. Das Bild des Mannes ist grob gerastert, die an Pop-Art erinnernde Ästhetik wird gestört durch einen hellen Strich, der das allzu Perfekte bricht. Brüche dieser Art sind immer wieder zu finden, ein rotes X etwa oder die nachlässig wirkende Grundierung der Schriftbilder.
Alle gezeigten Arbeiten sind mit Hand grundiert. Darüber ist eine Schicht Gedrucktes, die Schrift, der Raster, der liegende Mann und seine Umgebung, all das ist gedruckt. Vieles ist als Relief gestaltet, die Buchstaben, das Raster bilden zarte Erhebungen. Die Buchstaben der beiden Sätze sind rhythmisch angeordnet, Verdichtungen und Leeren ergeben eine räumliche Wirkung. Als würde ein leichtes Wehen durch die Buchstabenreihen gehen. Das Grün des Bildes mit dem Mann lichtet sich um dessen Stirn, gleich neben dem Streifen. Es scheint alles ordentlich und erstarrt, doch gibt es überall ein zartes Leben, feine Unregelmäßigkeiten.
Was hat das alles zu bedeuten? Hat es überhaupt etwas zu bedeuten, oder bleibt es bei dem feinen Humor allein, der in der Kunst von Bernhard Fruer immer wieder aufleuchtet? Die Sätze spielen ja mit der Fantasie der Betrachter und führen sie dahin und dorthin. Die Texte und die anderen Fundstücke wirken zufällig. Sie habe ihren Reiz, aber für sich genommen sind sie doch sehr bald „gesehen und vorüber“, also ohne Bedeutung für weitere Aufmerksamkeit. Vielleicht gibt es aber noch etwas anderes in dieser Kunst.
Sehr viel Aufmerksamkeit widmet Bernhard Fruer der Grundierung seiner Arbeiten. Die große Leinwand ist mit ca. 35 Schichten, zuerst weiß, dann grün, grundiert. Die andere Leinwand und der Karton der Schriftbilder sind ebenfalls vielfach weiß grundiert. In gewisser Hinsicht wird ein einfarbiges Feld geschaffen, viele Schichten übereinander, ein Feld großer Dichte und Tiefe, die beide aber nicht unmittelbar zu erfahren sind. Es ist wie ein zweiter Raum hinter dem gegenständlich Wahrnehmbaren. Etwas, das Buchstaben und Dinge trägt, als würden sie auf der stillen Oberfläche eines tausende Meter tiefen Meeres schweben.
„Schier“ bedeutet unvermengt, ohne Beimischung von anderem, z. B. „schieres Gold“. Der Mann ist also allein da, isoliert – und doch wird er von etwas getragen, einem Grund, der still und tief einfach da ist. Und so ist es auch mit den Buchstaben, den Worten, dem Raster, dem Armband. Die Kunst von Bernhard Fruer schenkt die Erfahrung eines zweiten Raumes.
Gustav Schörghofer SJ