HELMUT KRUMPEL
BILDER

26. Mai – 30. Juni 2023

Gestrüpp und Lichtung

Helmut Krumpel bewohnt mit seiner Frau Erna ein altes Schulhaus hoch oben auf einem der Hügel des niederösterreichischen Alpenvorlands. Die Kinder sind seit langem fortgezogen. Hie und da kommt die große und lebhafte Familie in dem Haus mit wunderbarem Garten zusammen. Dann geht es lebhaft zu. Doch übers Jahr ist es still. Die Bäume gedeihen, sie blühen und tragen Frucht. Das Haus ist eingebettet ins Grün und ruht in der Farbenpracht vieler Blumen. Hier ist abseits vom Getriebe einer Stadt ein umfangreiches Werk entstanden, Malerei, viel Grafik, Mappenwerke und eine ganz eigene Art von Bildskulpturen.

Die Kunst von Helmut Krumpel wurzelt in der Grafik. Auch die Malereien sind vielfach wie mit dem Pinsel gezeichnet. Die Arbeit in Schwarz und Weiß ist in gewisser Hinsicht ein fruchtbarer Boden für die Entfaltung dieser Kunst ins Farbige. Denn in den Schwarz-Weißarbeiten zeigt sich die formale Strenge der Vorgehensweise von Helmut Krumpel sehr deutlich. Die Reduktion erfordert die Präzision der Form. Sehr schön zeigt sich das in den Arbeiten auf Schabkarton. Dieses Material, eine schwarze Farbschicht auf Kreidegrund auf Karton, wurde früher in der Werbegrafik verwendet, um einem Holzschnitt ähnliche Vorlagen für den Druck zu schaffen. Krumpel lässt durch Ritzen und Schaben eine Welt in Schwarz-Weiß entstehen.

Seit den Anfängen in den späten 60er Jahren sind Figuren ein wesentlicher Bestandteil dieser Kunst. Sie erscheinen meist wie Silhouetten, Umrisse von vorne oder im Profil. Details des Körpers werden angedeutet. Die Figur ist oft bloß eine Fläche, monochrom oder von einem Netzwerk von Linien durchzogen. Oft wirken die Figuren standhaft, fest stehend, doch immer gefährdet. Der Hauch des Kampfes, einer existentiellen Exponiertheit des Menschen, einer Unruhe weht durch diese Kunst. Doch immer sind die Gestalten auf merkwürdige Weise geborgen.

Eine bedeutende Rolle spielt in dieser Kunst die Natur. Natur als wucherndes Gebilde, pflanzenhaft oder blütenartig. Es gibt immer wieder Wucherungen, die Gestrüppen ähnlich sind. Etwas ratlos steht der Betrachter davor. Erst nach und nach wirkt das Ganze als in sich reiches und gefestigtes Gebilde, selbst im Zustand des Berstens noch schön und von Bestand. Es ist so, als würde eine explodierende Welt im Zustand dauerhafter Schwebe angehalten werden.

Von besonderer Bedeutung ist im Werk von Helmut Krumpel die Arbeit auf transparenter Folie. Auch in den Grafiken und Malereien wird immer wieder mit Überlagerungen und ineinander verschobenen Schichten gearbeitet. Die Folien werden bedruckt und zu fensterartigen Gebilden zusammengestellt. Diese Fensterwände haben den Charakter von Skulpturen, deren Formenvielfalt erst durch Öffnen und Schließen der Fenster entdeckt wird.

Auf einen ersten Blick scheint die Kunst von Helmut Krumpel den Nöten unserer Zeit entrückt. Wer genauer hinsieht wird aber vielfältige Bezüge zur Gegenwart entdecken. Das Unüberschaubare des Liniengewirrs, die Fülle an Verflechtungen, die scheinbar nicht zu bewältigende Dynamik erinnert an Erfahrungen, die allgemein gemacht werden. Die Figuren bleiben in all dem fest. Gefährdet, aber nicht verloren. Immer wieder gibt es Bilder hinter Bildern. Immer wieder zeigt sich, dass es tiefere Schichten der Ruhe gibt. Und immer wieder sind die Gestalten, Gestrüpp und Figur, getragen von einer lichten Stille. Immer wieder leuchtet wunderbar die Farbe auf. Die Kunst von Helmut Krumpel zeigt, dass die unruhige Gegenwart in sich die Verheißung einer ins Märchenhafte gehenden Zukunft hat.

Gustav Schörghofer SJ

Bildrechte: JESUITEN:KUNST

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