Es sind drei Bänder, jeweils 35 cm breit und zwischen 4,20 m und 4 m lang. Die Bänder sind gewebt, die Farben von dunklem Braun bis zum starken Rot in den unterschiedlichsten Tönungen und Übergängen, starke Kontraste finden sich neben sehr zarten Verläufen. Die Motive sind geometrisch, sie folgen in ihrer Ausrichtung an Vertikale und Horizontale dem elementaren Aufbau des Gewebten in Kette und Schuss. Friedemann der Teppichweber, so nannte er sich selber, hat die Arbeiten von 2016 bis 2018 geschaffen. Er nannte den Zyklus „Die Minarette des hl. Antonius“. Gewebt wurden die drei Bänder für Margarita Auer.
Vor zwei Monaten erhielt ich ein Schreiben von Margarita Auer. Für sie hatte Friedemann die drei Bänder gewebt. Nun bot sie mir die Arbeiten an: „Wenn sie Ihnen gefallen, sollten sie an einem Ort der Erneuerung hängen. Wenn Sie so einen kennen oder so einer bei Ihnen ist. Ein Ort, wo der Geist einer neuen Zeit weht. Denn Corona beschleunigt ja diese geistige Entwicklung meiner Meinung nach enorm. Das ist mir gestern schlagartig bewusst geworden, dass das nicht nur irgendein Ort sein kann.“ Die Bänder haben mir sehr gefallen. Die Konzilsgedächtniskirche ist für mich auch ein Ort der Erneuerung, wo der Geist einer neuen Zeit weht. Daher hängen die Bänder nun in unserer Kirche. Sie erinnern uns vielleicht an das Wehen des Geistes.
Margarita Auer hat mir auch einiges zu Friedemann selber mitgeteilt. „Friedemann war ein hochspiritueller Mensch, er hat mich immer an einen Zenmönch erinnert. Seine Werkstatt und Wohnraum war in der Hermanngasse in einer ehemaligen Tabakfabrik. Er hat nie seine Wohnungstür abgesperrt, man konnte jederzeit zu ihm gehen. Er hatte einen großen und bunten Freundeskreis. … Wenn er einmal seine Ruhe haben wollte, hat er einfach an die Tür ein Schild gehängt auf dem stand Matthäuspassion – das haben dann alle gewusst und respektiert. Gewidmet sind die Bänder dem hl. Antonius. Friedemann wusste genau um meine restlose Begeisterung zu diesem Heiligen.“
Friedemann Hoflehner, so sein voller Name, ist am 29. Oktober 2020 gestorben. Aus einem Nachruf (nachzulesen auf der homepage von qwien) habe ich noch einiges über ihn erfahren. Friedemann war homosexuell und bekannte sich offen dazu. Ende der 60er Jahre war er deswegen zu drei Monaten Arbeitshaus und bedingt zu drei Jahren Arrest verurteilt worden. Er kam 1968 nach Wien, schlug sich durch und hat 1973 zur Weberei gefunden. Um 1984 hatte er den Astrologen, Schriftsteller und Aktivisten Robert Blum kennen gelernt. Eine Liebe begann. Robert erkrankte in den frühen 90er Jahren an Aids und starb 1996. „Das Teppichweben wurde für Friedemann zum Lebensmittel, zum Überlebensmittel.“
Auch wegen der persönlichen Geschichte von Friedemann ist es mir sehr wichtig, dass die „Minarette des hl. Antonius“ in unserer Kirche hängen, an einem Ort, wo der Geist weht und Neues entstehen lässt.
Gustav Schörghofer SJ