Joachim Hohensinn ist Maler. Er malt vor allem mit der Spachtel. Horizontal gehen die Bewegungen über Papier und Leinwand. Immer die gleiche Richtung, von links nach rechts. Immer das gleiche Tempo. Da gibt es keine Ausflüge ins Virtuosentum des geschwinden Umgangs mit den Werkzeugen. Es ist immer das gleiche Tun. So wird Farbe aufgetragen und zugleich abgeschabt. Schicht über Schicht wird die Farbe aufgetragen. Etwas größerer Druck auf die Spachtel, und alte Schichten werden freigelegt. Manchmal wird der Grund freigelegt, kommt das Papier zum Vorschein. Es wird aufgetragen und abgetragen. So entstehen kleine und große Flächen, farbige Orte, wo Farbe wie Schleier Farbiges verhüllt und zugleich das Verhüllte durchscheinen lässt. Es ist ein Verschleiern und Entschleiern zugleich.
Angesichts der Arbeiten von Joachim Hohensinn lassen sich keine Inhalte nacherzählen. Was ist hier dargestellt? Gibt es eine Geschichte? Geschieht hier etwas? Manche könnten an Landschaften denken, oder an neblige Nachmittage im Herbst, oder an im Dämmerlicht Gesehenes. Es kommen einem auch die Oberflächen verwitterter, dem Wetter über lange Zeit ausgesetzter Gegenstände in den Sinn. Vielleicht. Doch es gibt eine Geschichte. Denn alle diese Farbflächen erzählen die Geschichte von Berührungen. Es ist wie die Berührung einer im Sand auslaufenden Welle, wie die Berührung des Winds auf der Wange, wie ein sanftes Streicheln über die Oberfläche eines Gegenstands. Und es ist zugleich wie das Schaben in einer Pfanne, wie das Wegwaschen unter scharfem Wasserstrahl, wie das Peitschen des Eisregens gegen die Haut. Das Zarte und das Grobe ist in diesen Farbflächen zu finden, das Heilende und das Verletzende.
Mit der Malerei für den Hochaltar der Jesuitenkirche hat sich Joachim Hohensinn in das sehr große Format gewagt. Der Stuckmarmor der Kirche, die schleierartige Oberfläche der mit großer Kunstfertigkeit gestalteten Säulen und Wände, kommt seiner Arbeit entgegen. Doch ist hier alles voll von heftiger Bewegung, ein Auf und Ab, ein Hin und Her. Hier wird erzählt von Heiligen, von Gott, von einem reichen Geschehen zwischen Himmel und Erde. Joachim Hohensinn antwortet auf all das mit der immer gleichen Bewegung von links nach rechts. Die von der Hand geführte Spachtel baut einen Farbraum auf, nach der Tiefe, der Höhe und der Breite. Die Breite entspricht der Reichweite der Arme. Die Malerei für den Hochaltar erzählt von einem immer gleichen Tun. Sie erzählt vom Auftragen und Abtragen, von Mehren und Mindern, von Zartem und Grobem. Sie bildet einen Schleier, der hellsichtig macht. Sie begleitet auf diese Weise das in der Jesuitenkirche zu Ostern gefeierte Geschehen der Selbstentäußerung Gottes und des Aufblühens einer neuen Schöpfung, des Todes und der Auferstehung.
Gustav Schörghofer SJ