PETRA BUCHEGGER
MONDAS

14. Oktober 2015 - Dezember 2015

Klein anfangen

Mit einem Marktstand kann eine Weltreise beginnen

Der Tisch ist nach dem Vorbild eines Marktstandes hergestellt. Auf der Tischplatte liegen Stapel von Kittelschürzenstoff, obenauf das Muster, nach dem die Teile für die Kleiderschürzen ausgeschnitten worden sind. Die Stapel sind sorgfältig gebündelt, mit Streifen aus Kittelschürzenstoff verschnürt. Alles sehr präzis, sehr sorgfältig, ja mit Ehrfurcht behandelt.

Seit langem gibt es die Vorstellung, die Kunst schaffe Ausblicke auf die Wirklichkeit, wie durch ein Fenster ließe sie den Betrachter auf die Realität schauen. Auch heute gilt das noch. Doch wird diese Wirklichkeit oft nicht mehr als Illusion vor Augen geführt, sie ist nicht mehr nur in der Vorstellung vorhanden. Heute wird Reales hergestellt, die Wirklichkeit vor die Betrachterin hingestellt. Das macht Petra Buchegger auch. Doch warum Kittelschürzen?

Eine Kittelschürze hat vielleicht die Mutter getragen, die Großmutter, die Urgroßmutter. Sie war das alltägliche Kleidungsstück jener Frauen, die für den Unterhalt der Familie oder ihrer Umgebung zu sorgen hatten, zuhause, auf einem Bauernhof, in einer Werkstatt. Die Kittelschürze führt in eine Welt, in der Frauen viele jener Waren, die sie selber, eine Familie oder eine Gemeinschaft zum Leben nötig hatten, selbst erzeugten. Subsistenzwirtschaft. Wichtig ist die Erinnerung daran nicht nur, um diese Frauen immer neu schätzen zu lernen, sondern auch, weil in dieser Form des Handelns ein Zugang zur Welt und eine Verantwortung ihr gegenüber geübt wird, die heute oft verloren sind. Und gerade heute notwendig wären, neu gelernt werden müssten.

Das Kunstwerk von Petra Buchegger bezieht sich auf einen wirklichen Marktstand, jenen von Felisa Pérez Outeda in Dena/Spanien. Über dreißig Jahre hat sie dort Kleiderschürzen verkauft und den Stand dann ihrer Tochter Marife übergeben. Indem Petra Buchegger auf diese einfache und verborgene Wirklichkeit aufmerksam macht, lenkt sie die Aufmerksamkeit zugleich auf weite Welten. Die Würde der Arbeit von Frauen wird genauso wahrnehmbar wie die Schönheit des unscheinbaren Stoffes. Mit dem Betrachten des Marktstandes von Petra Buchegger kann eine wunderbare Reise ihren Anfang nehmen, die Entdeckung einer neuen Welt.

Gustav Schörghofer SJ

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