SIEGFRIED ZAWORKA
EVIDENZINSOLVENZ

3. Juni – 23. Juni 2015

Mit Wucht ins Aug

Der englische Jesuit und Dichter Gerald Manley Hopkins hat den Begriff inscape geprägt. Gemeint ist damit eine wahrnehmbare Gestalt, die in ihrem Erscheinen auch ihren Sinn zu erkennen gibt. Eine Ausdrucksgestalt. Peter Waterhouse hat den Begriff mit Inbild übersetzt. Der wahrnehmbare Sinn wird intuitiv erfasst, ist nicht als ein Inhalt unabhängig von der Form der Gestalt zu betrachten. Siegfried Zaworka hat einen Sinn für Gestalten, für markante zeichenhafte Gebilde. Seine Kunst schafft Inbilder.

Oft begegnet dem Betrachter in den Bildern von Zaworka etwas Aggressives, Fremdartiges. Organische Formen sind zu entdecken, sie erinnern an Lebewesen, haben aber wiederum mit Bekanntem nichts zu tun. Vieles in dieser Kunst erinnert an irgendwo Gesehenes, ohne dass das Versprechen einer genauen Identifizierbarkeit eingelöst wird. Es bleibt vieles angedeutet, es könnte etwas sein, ist es aber doch nicht.

Siegfried Zaworka hat einen strengen Sinn für die Form. Seine Gebilde sind das Ergebnis vielfältiger Transformationen. Das Bild einer Weintraube wird zu einer dichten Ansammlung von Kugeln. Vieles erinnert an Details von Skulpturen, wird aber im Bild eigenmächtig. Raum entsteht in diesen Werken durch die plastische Durchformung eines Gegenstandes, nicht durch das Gestalten einer Farbatmosphäre. Die Dinge stoßen die Fläche ins Dreidimensionale auf. Sie bekommen durch die eingehende Behandlung, das Herausarbeiten einer Wölbung, einer Krümmung, einer Vertiefung Wucht und Präsenz. Sie schaffen in der Fläche verdichteten Raum, allein durch ihre übermächtige Gegenwart.

Malerei von Siegried Zaworka hat oft den Charakter einer Installation. Die Leinwand wird direkt an die Wand geheftet, aus einzelnen Teilen kann eine große Wandarbeit entstehen. Da stößt dann ein Gebilde bedrohlich wie ein Krokodil oder ein mächtiger Wal in den Raum vor, kommt gewissermaßen aus der Wand heraus. Oder es werden Zeichnungen auf Karton zu einer Installation an der Wand geordnet. Drei der Arbeiten sind von hinten zu sehen, die Zeichnung ist der Wand zugekehrt. Oder eine Spirale windet sich an einem Pfeiler hoch, das Bild einer Spirale deutet den Pfeiler ebenfalls als Bild und wandelt das Starre ins Dynamische. Das zeichenhafte Gebilde öffnet einen Raum.

Es lohnt sich, beim Betrachten der Arbeiten von Zaworka nicht nur gebannt auf die Gestalten zu schauen, sondern auch ihr Umfeld im Blick zu behalten. Mit einem Mal kann sich zeigen, dass diese heftigen Gebilde, diese mit Wucht ihre Gegenwart behauptenden Erscheinung in eine große Stille eingebettet sind. Sie werden von dieser Stille getragen, erscheinen in ihr ganz und gar nicht selbstverständlich als die Verdichtung einer wunderbaren und erstaunlichen Kraft. Sie machen Staunen. So einfach sie sind, so verblüffend wirken sie, wenn sie einmal in diesem ihrem Umfeld wahrgenommen werden. Unvermittelt sind sie da.

Was bedeuten sie? Sie verweisen auf nichts. Sie bilden nichts ab. Sie bedeuten nichts. Sie sind Verdichtungen, als sinnvoll erfahrbare Gebilde. Siegfried Zaworka hat eine außerordentliche Fähigkeit, Inbilder zu schaffen, Gestalten, deren sinnerfüllte Gegenwart mit Wucht ins Aug fällt.   

Gustav Schörghofer SJ

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