JÖRG REISSNER
polyphon

10. April – 13. Mai 2014

Vom Weiß ins Braun ins Blau

Jörg Reissner entdeckt Tiefe im Flachen

 

Jörg Reissner erschafft Bilder auf Leinwand und Papier. Alle diese Dinge sind sehr einfach. Flächen werden übereinander gelegt. Zeichen werden gesetzt. Immer wieder Serien, Thema mit Variationen, Durchspielen verschiedener Möglichkeiten. Und daher auch etwas Musikalisches. Immer wieder geht es darum, Räume zu erschließen, Tiefe im Flachen. Das mag wenig erscheinen. Flach aber können nicht nur Bilder sein, sondern auch Sichtweisen der Welt. Wenn nun einer zeigt, dass im Flachen Tiefe zu gewinnen ist, dass sie dort entdeckt werden kann, wo sie gar nicht vermutet wird, dann ist es doch nicht so wenig.

Eines der Bilder von Jörg Reissner wird von einer braunen Fläche dominiert, die wie ein Karton aussieht. Eine weiße Fläche scheint mit schwarzen Klebestreifen auf diesem Karton befestigt. In die weiße Fläche ist ein Rechteck mit abgerundeten Ecken gezeichnet, ein an Holzmaserung erinnerndes Muster. Im Braun gibt es noch drei weiße Flächen und, von dem scheinbar aufgeklebten Blatt überdeckt, eine blaue Fläche. Und dann noch ein großes X über die gesamte Bildfläche und einige kreisende Striche, alles mit Bleistift gezeichnet. Alles in allem nichts Aufregendes. Und doch lässt sich viel entdecken. Zum einen, dass alles gemalt und gezeichnet ist, auch die Klebestreifen. Das Weiß ist jenes der grundierten Leinwand, auch in der braunen Fläche. Das scheinbar Aufgeklebte liegt also tiefer als das Braun. Die wie Klebestreifen wirkenden schwarzen Striche vermitteln zwischen der vordersten und der zugrunde liegenden Ebene. Das Blau ist nicht zwischen Braun und Weiß, sondern ganz vorne. Die kleinen weißen Flächen sind wie Ausblicke auf das tragende Weiß. Die Holzzeichnung erinnert an Wirkliches, bleibt ihm aber fern. Wie alles an Wirkliches erinnert, aber doch allem Nachgeahmten fern bleibt. Das Bild gehört zu einer Serie, deren Arbeiten das Thema X variieren. Hier ist es zart, wie ein Hauch, der alle Bereiche miteinander verbindet. Das Bild erinnert an vieles: an minimalistische und realistische Malerei, an Wirkliches und Künstliches, an Flächiges und Räumliches, an Zeichenhaftes und Bedeutungsloses. Es zeigt, wie alles das miteinander in Verbindung steht und wie im Flachen Tiefe zu entdecken ist. 

Gustav Schörghofer SJ

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