GABRIELE ROTHEMANN
SCHLANGENMOSAIK II

6. März 2014 - Ostern 2014

Ab Aschermittwoch wird auf der großen Wand hinter den Sitzen des Priesters und der Ministran­ ten ein Schlangenknäuel zu sehen sein. Was haben Schlangen  in der Konzilsgedächtniskirche zu suchen? Gehören sie hierher? Andererseits, warum sollten sie nicht hier sein. In der Kirche sind alle willkommen.

Ich mag Schlangen gern. In der Bibel kommen  sie auch vor. Im Paradies war es die Schlange,  die durch ihre geschickte Frage Adam und Eva versucht hat. Sie war schlau, und dieser Schlau­ heit war das Menschenpaar nicht gewachsen. Doch dann heißt es, ein Nachkomme der Frau würde der Schlange den Kopf zertreten. (Gen 3, 15) Mose erhielt von Gott die Fähigkeit zur Ver­ wandlung eines Stabes in eine Schlange. (Ex 7, 9) Und viel später wird berichtet, wie der Blick  auf eine Schlange die dem Tod geweihten Israeliten rettet: ,,Mose verfertigte also eine eherne Schlange und brachte sie an der Stange an. Wenn nun die Schlangen einen gebissen hatten und dieser dann auf die eherne Schlange hinblickte, so blieb er am Leben.“ (Num 21,9) Vor der Karlskirche in Wien sind zwei große Engel auf hohen Podesten zu sehen. Der linke hält den Stab mit der ehernen Schlang, der rechte hält ein Kreuz! . So wie der Blick auf die Schlange lebens­ spendend war, so ist es d,er Blick auf das Kreuz und den Gekreuzigten, Die Schlange also als heilendes Wesen. Diese Bedeutung hat sie auch in der Antike gehabt. Der Gott der Heilkunst Asklepios trug einen Sta mit de Äskulapna tter. Die Natter ist daher Sinnbild der Ärzte und Apo­ theker geblieben. Noch heute ist über jeder Apotheke die Schlange zu sehen. Zu ihr schauen wir noch heute auf, wenn wir Heilmittel suchen.

Faszinierend ist für mich, dass in dem einen Bild der Schlange sowohl das Bedrohliche, das Bö­ se, wie auch das Gute, das Heilende zu finden sind. Gift tötet, Gift ist zugleich grundlegend für Heilmittel. Es kommt auf die Dosierung an. Das Gift des Zweifels kann den Glauben ersticken, es kann ihn aber auch erstarken lassen. Ein Glaube ohne jeden Zweifel ist flach und ohne Wider­ standskraft. Glaube kann aber auch von Zweifeln zerfressen werden. Doch vielleicht ist das gar nicht der rechte Glaube. Vielleicht braucht es diese Läuterung bis zum Äußersten, bis hin zum Zweifel an Gott, um eine Ahnung von dem absolut Unfassbaren zu bekommen. Ich denke hier immer wieder an Therese von Lisieux. Sie verband Gottesliebe und Liebe zur Welt mit tiefen Zweifeln.

Die Schlangen können also viel erzählen. Deshalb habe sie einen Platz in der Kirche. Die Lainzer Schlangen sind ein Großdruck nach einer Fotografie von Gabriele Rothemann . Der Titel dieser Arbeit ist: Schlangenmosaik II. Zeitgleich wird in der Jesuitenkirche-Universitätskirche im 1. Be­ zirk auch eine Arbeit von Gabriele Rothemann zu sehen sein: Fatsche 1, ein Hase, der in ein in Streifen geschnittenes Hasenfell gewickelt ist. Wie ein Neugeborenes ist dieser tote Hase, des­ sen Fell bereits abgezogen ist, behutsam und sorgfältig eingewickelt, äußerst verletzlich und äu­ ßerst liebevoll bewahrt. Auch er kann als Bild des Heils betrachtet werden. Doch das ist eine an­ dere Geschichte.

Eine schöne Zeit bis die Schlangen kommen.

Gustav Schörghofer SJ

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner