CHRISTIAN HUTZINGER
JK/UK

Oktober 2012 – Jänner 2013

Christian Hutzinger hat die Bänke mit etwa handgroßen rosaroten Punkten belegt, leicht beschnittene Kreise. Wer sie zur Hand nimmt und öffnet – denn es sind kleine Hefte –, wird neben Dem Rosarot noch andere Farben entdecken, Grün und Blau. Es sind Leuchtfarben, wie sie sonst in dem barocken Raum nicht zu finden sind. Das Heft ist ein kleines Bilderbuch, bestehend aus Collagen von Scherenschnitten und Ausschnitten aus der marmorierten Oberfläche von Säulen und Wand der Kirche. Diese Ausschnitte sind schwarzweiß wiedergegeben, ihre Form entspricht der Form des Heftes. Die Scherenschnitte der zweiten und der vorletzten Seite bilden ein symmetrisches Paar, ebenso der dritten und der vorvorletzten Seite und so weiter. Das Paar in der Mitte des Heftes ist zerbrochen, zersplittert, eine Marmorkugel aus dem sie sonst bergenden Feld herausgefallen.

Zwei zentrale Themen der Kunst der Moderne werden in der Kunst von Christian Hutzinger immer neu variiert: das Einfache, Unscheinbare und das Verletzliche, Gebrechliche. Er begnügt sich mit einfachen geometrischen Gebilden und schafft labile Verhältnisse. In der Gestalt des Kunstwerks wird all das bewahrt und gerettet. Es wird eine Welt in Schwebe geschaffen, getragen durch die rechte Form. Das außerordentliche Können und die unerschöpfliche Erfindungskraft von Christian Hutzinger verbergen sich um Unscheinbaren des wie selbstverständlich Erscheinenden. In Malereien auf Leinwand und auf Wänden gibt es Körniges, Gestapeltes, Gebautes und Pflanzenhaftes, auch Ziffern und Buchstaben. In den Collagen wird Ausgeschnittenes verarbeitet, Gegenstände aus Fotografien, blattartige Scherenschnitte. Zeitgenössischer Musik verwandt, sind diese Collagen ein Spiel der Fragmente nach strenger Regel.

Das Innere der Jesuitenkirche ist einer der frühen Farbräume des österreichischen Barocks, geschaffen von dem aus Rom gerufenen Jesuitenbruder Andrea Pozzo. Die Farben sind nach strengen Regeln geordnet, das Ganze ein Spiel der sich wandelnden Formen, die stets neue Konstellationen eingehen, wie von einem den Raum durchwandernden Betrachter mit Staunen entdeckt werden kann. Zum Spiel der barocken Farben fügt die Installation von Christian Hutzinger die Leuchtfarben der Gegenwart hinzu. Wer die Hefte öffnet, wird entdecken, dass auch im Fragmentierten der Gegenwart eine Ordnung zu finden ist. Das vollendete Alte wird in seine Ruhe vom Neuen leicht gekitzelt. Die Fülle des Alten ist in den schwarzweißen Fragmenten enthalten. Sie wird von den Farben des Neuen behutsam umfangen.

Die Besucherinnen und Besucher der Jesuitenkirche waren eingeladen, eines der Hefte mitzunehmen. Anfang Februar waren die Hefte, etwa 2000 Stück, in aller Welt verstreut.

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