GERLIND ZEILNER
NETTER SCHUPPEN

25. Jänner – 4. März 2012

Als ich Gerlind Zeilner vor einigen Jahren kennen lernte, baute sie aus Karton etwa tischgroße Raummodelle. Sie wurden als eigene Kunstwerke betrachtet und dienten zugleich als Vorlage für Bilder. Ein starker Bezug zum Raum ist der Malerei von Gerlind Zeilner geblieben. Der Raum ihrer Malerei ist aber heute nicht mehr auf Architektonisches oder auf Modelle von Räumen bezogen. Er entsteht aus der Farbe und den Bewegungen von Formen. Gemeinsam mit den Bildern entstehen auch heute noch Kästen. In ihnen wuchern aus Papier geschnittene Formen, ineinander verwoben, übereinandergelegt, wie aus vielen Blütenblättern sich entfaltende Gebilde. Da sind Zeichnungen zu finden, Fragmente von Skizzen, kaum fertig Vorgefundenes. Es ist eine sich ins Räumliche sich weitende Welt, ganz ähnlich jener, die in den gemalten Bildern zu entdecken ist.

Die von Gerlind Zeilner gestalteten Bildwelten stammen aus alten Erzählungen, aus Comics, aus von Filmen geprägten Vorstellungen oder aus dem weiten Reich der Symbole. Es gibt Bilder, die einen Bezug zu chinesischen Geschichten haben, andere gehen auf Wappentiere zurück, wieder andere rufen die Erinnerung an Comic-Figuren wach oder die Vorstellung eines Saloons, wie er aus Western bekannt ist. Doch all das ist nur ein Ausgangspunkt. Erreicht werden soll in dieser Kunst nicht eine Bebilderung literarischer Werke, auch keine Paraphrase zur gegenwärtigen Populärkultur oder ein Kommentar zu verbreiteten bildlichen Vorstellungen. Die Kunst von Gerlind Zeilner hat weder etwas Kommentierendes noch etwas Variierendes. In ihr geschieht eine Verwandlung bildlicher Vorstellungen.

Das bedeutet: Wenn Gerlind Zeilner von bestimmten Figuren ausgeht, wird das fest Umrissene nach und nach aus seinem Umriss befreit. Es wird etwas jenseits des Abbilds gesucht, eine neue Gestalt in Farben und Formen auf der Leinwand oder im Gedränge der Scherenschnitte in einer Lade. Die Kennzeichen dieser Gestalt sind Weite und Dichte zugleich, Gemeinsamkeit von Intensität und fast völligem Verblassen der Farben, gleichzeitiges Schreien und Flüstern der Formen, Nähe und unergründliche Ferne des Bildraums in Einem. So wird Altes und Bekanntes neu. So wird von jedem Bild die Entdeckung einer Welt ermöglicht.

Gustav Schörghofer SJ

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